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01.05.2013

Senatsempfang zur Eröffnung des 34. Deutschen Evangelischen Kirchentages

Senatsempfang zur Eröffnung des 34. Deutschen Evangelischen Kirchentages

 

Sehr geehrter Herr Vizepräsident der Hamburgischen Bürgerschaft, 

sehr geehrte Frau Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, 

Exzellenzen, 

sehr geehrter Herr Prof. Robbers, 

sehr geehrte Frau Bischöfin, 

sehr geehrte Herr Bischof, 

sehr geehrte Mitglieder des Präsidiums des Deutschen Evangelischen Kirchentages, 

sehr geehrte Damen und Herren, 

 

im Namen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg begrüße ich Sie und unsere vielen auswärtigen Gäste sehr herzlich zum 34. Deutschen Evangelischen Kirchentag. 

 

Ich spreche sicher für ganz viele Hamburgerinnen und Hamburger, wenn ich sage: Die Stadt ist gespannt auf den Kirchentag. Und ich sage bewusst die Stadt, denn die große Neugier an diesen vollgepackten Tagen mit unzähligen Veranstaltungen hat bei weitem nicht nur evangelische Gemeindemitglieder hier aus dem Norden erfasst. 

 

Mehr als 60 Hamburger Stiftungen, Firmen und gemeinnützige Organisationen unterstützen den Kirchentag, eine kaum überschaubare Vielzahl von Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen nehmen Teil von den vielen Tausend Hamburgerinnen und Hamburgern und ihren Kojen-Angeboten zur Übernachtung ganz zu schweigen. 

 

Ein Kirchentag ist aufgrund seines besonderen Charakters, seiner gemeinschaftlichen Ausrichtung eine Großveranstaltung wie keine andere. Fremde sind Freunde, die man bislang noch nicht kennengelernt hat, heißt es. Auf Evangelischen Kirchentagen wird diese Einstellung beispielhaft mit Leben erfüllt. 

 

Das Zusammenkommen, die Gemeinschaft mit Freunden und bisher noch Fremden zu erleben, macht zu Recht für Viele das Besondere aus, und wir sind froh und fühlen uns geehrt, 60 Jahre nach dem ersten Kirchentag an Elbe und Alster und 18 Jahre nach dem bislang letzten wieder Gastgeber sein zu dürfen, inzwischen schon zum vierten Mal. 

 

Da ich auch bereits mehrfach selbst zu Gast auf einem Kirchentag war, weiß ich: Aus diesem Gemeinschaftserlebnis entsteht ein ganz besonderer Geist, der sich in den Gottesdiensten und gemeinsamen Feiern nicht erschöpft, sondern auch den demokratischen Diskurs im besten Sinne mit einschließt: Auch zu diesem Kirchentag gehören so viele Diskussionen, Aktionen und Begegnungen auf so vielen unterschiedlichen Feldern, dass ich sie hier noch nicht einmal ansatzweise aufzählen könnte. 

 

Dabei geht es immer wieder auch um das Grundsätzliche, um sehr politische Fragen wie die nach sozialer Gerechtigkeit zum Beispiel, um Ökologie und die Herausforderungen der Globalisierung, um neue Lebens- und Beziehungsformen und vieles mehr. 

 

Eine solche Veranstaltung in derartiger Offenheit ist etwas ganz Besonderes. Zum Einen was ihre inhaltliche Breite angeht und zum Anderen bezüglich ihrer Durchlässigkeit. Wo sonst stellen sich so viele Fachleute und Entscheidungsträger der kontroversen Debatte über unsere Zukunft? Denn die Zukunft ist das Thema in den allermeisten Fällen. 

 

Kirchentage sind Gemeinschaftserlebnisse in einer Zeit, die von Individualisierung und Fragmentierung geprägt ist. Hier kommen Bürgerinnen und Bürger zusammen und diskutieren das Gemeinsame. Sie erneuern gesellschaftliche Solidarität über die Grenzen ihrer Kirche und Ihres Landes hinaus, im globalen Maßstab. 

 

Der Deutsche Evangelische Kirchentag als eine Zukunftswerkstatt der Hunderttausend ein solches Konzept sucht seinesgleichen und verdient höchsten Respekt. 

 

Politik ist pragmatisches Handeln zu sittlichen Zwecken: Helmut Schmidts Lebensmotto passt gut zu einer Veranstaltung, die so leidenschaftlich um die richtigen Wege in eine bessere Zukunft ringt. Hier geht es bei allem Pragmatismus immer auch um die sittlichen Zwecke; um die Fragen nach dem Wozu und nach dem Warum. 

 

Wer den Fortschritt erreichen will, der darf sich schließlich nicht mit der bloßen Verwaltung des bislang Errungenen zufriedengeben. Denn unser Leben ist nie zu Ende gestaltet, unsere Welt, unser Kontinent, unsere Stadt sind nicht zu Ende entwickelt. 

 

Aus diesem Wissen darum, dass es immer noch besser werden kann, wächst zum einen die Zuversicht, die es braucht, um jeden Morgen aufs Neue ans Werk zu gehen. 

 

Zum anderen wächst aus diesem Wissen aber auch das Pflichtgefühl, die sich bietenden Chancen zu ergreifen und für sie zu arbeiten. 

 

Die Zukunft kommt von selbst, der Fortschritt aber braucht die harte Arbeit einer ganzen Gesellschaft, ihre Leidenschaft und ihr Augenmaß. 

 

Gerade heute am 1. Mai sollten wir uns daran erinnern, dass diese Arbeit an der Zukunft und für die Zukunft zur Menschwerdung dazu gehört.

Daraus wächst ein Arbeitsethos, das auf die Erfüllung des Lebenssinns durch die Arbeit weist und das Max Weber einst als protestantisch bezeichnet hat. 

 

Wir stehen gesellschaftlich in der Pflicht dafür zu sorgen, dass dieses Ethos Wirkung entfaltet. Wer will, dass Menschen in Würde und Freiheit leben und arbeiten, der muss sich an klaren Prinzipien orientieren: 

  • Wer sich anstrengt, muss etwas davon haben. 
  • Wer sich Mühe gibt, muss sein Leben verbessern können. 
  • Und niemand wird am Wegesrand zurückgelassen  

bezogen auf die Kirchentagslosung und in norddeutscher Mundart ausgedrückt: Soveel as du bruukst.

 

Oder, um es mit US-Präsident Barack Obama zu sagen: Egal, woran du glaubst, wo du herkommst, ob du weiß oder schwarz bist, Latino oder Indianer, schwul oder hetero: Du kannst es hier schaffen. 

 

Arbeit ist Grundlage aller Kultur Martin Luther erkannte in der Arbeit sogar einen Gottesdienst. Da ist es ein durchaus sinnstiftender Zufall, dass der Kirchentag am Tag der Arbeit beginnt und die eminent wichtigen gesellschafts¬politischen Anliegen rund um Beschäftigung und gesellschaftliche Teilhabe ein wichtiger Teil des Kirchentages sind. 

 

Hamburg mit seiner explizit protestantischen Tradition von unten ist dafür ein idealer Ort. 

Die Entscheidung, dem Weg Martin Luthers zu folgen und sich der Reformation anzuschließen, haben die Hamburgerinnen und Hamburger vor knapp 500 Jahren dem Senat mit Nachdruck abgerungen und diesen Weg mehrheitlich nie verlassen. Dass es unserer Stadt heute vergleichsweise gut geht, mag auch etwas damit zu tun haben, dass wir uns ebenso das damit verbundene Ethos und den engen Bezug zur Arbeit erhalten haben. 

 

Meine Damen und Herren, 

gerade in den großen Städten zeigen sich die Widersprüche unserer Zeit besonders deutlich zwischen Kohäsion und Fragmentierung, zwischen Reichtum und Armut, zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Die Dichte der Metropolen bringt gesellschaftliche Zustände wie in einem Brennglas auf den Punkt. 

 

Zugleich ermöglicht sie gerade deshalb die Bewältigung der Herausforderungen. Große Städte sind Orte der Hoffnung und der Zuversicht, Orte der Gewissheit, dass wir Probleme lösen können, wenn wir uns nur gemeinsam daran machen.

Auch darum freuen wir uns darüber, dass der Kirchentag bei uns am richtigen Platz stattfindet. 

 

Eine ideale Welt gibt es wohl nur im Paradies. Aber Hamburg möchte alle Kirchentags-besucherinnen und -besucher einladen, darüber nachzudenken, wie wir unsere Welt gemeinsam verbessern können und an welchen Werten wir uns dabei orientieren sollten. Lassen Sie uns den Kirchentag begreifen als eine Gelegenheit des solidarischen Diskurses über die freiheitlichen und gerechten Grundlagen unserer Gesellschaft mitten im Zukunftslabor einer großen Stadt. 

 

Hamburg möchte ein guter Gastgeber dafür sein, und ich lade alle Gäste ein, mit offenen Augen und Herzen unsere Stadt zu entdecken und wieder zu kommen, wenn es Ihnen gefallen hat. 

 

Ich danke allen haupt- und ehrenamtlichen Aktiven für ihr Engagement bei der Vorbereitung und Durchführung und wünsche dem 34. Deutschen Evangelischen Kirchentag 2013 einen spannenden, besinnlichen und fröhlichen Verlauf.