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22.09.2011

Senatsfrühstück zum 70. Geburtstag Henning Voscheraus mit Verleihung der Bürgermeister-Stolten-Medaille

 

Sehr geehrter Herr Dr. Voscherau,

lieber Henning,
sehr geehrte Frau Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft,

sehr geehrte Ehrenbürgerin Frau Professor Greve,

sehr geehrte Ehrenbürger Herr Professor Greve und Herr Seeler

sehr geehrte Damen und Herren,

 

ein Bild, das sich mir eingeprägt hat, zeigt einen noch recht jugendlichen, frisch vereidigten Ersten Bürgermeister, der entschlossenen Schrittes, mit aufgekrempelten Hemdsärmeln und vom Wind auf Steuerbord gedrehter Krawatte, seinen Bürostuhl über den Rathausmarkt schiebt. Sein neues Bürgermeister-Amtszimmer fest im Blick.

 

Dieses Bild erschien, glaube ich, im "Hamburger Abendblatt".

Und der jugendliche Bürgermeister hieß Henning Voscherau.

 

Gleich vom ersten Tag im Amt an zeigte er, dass Politik auch sprechende Bilder braucht ansprechende und für sich sprechende.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

Henning Voscherau besitzt bis heute eine leichthändige Eleganz darin, solche Bilder entstehen zu lassen.

 

Die biographisch Kundigen verweisen dann schnell auf das familiäre Umfeld und darauf, dass Henning Voscherau Sohn und Neffe bekannter und großer Schauspieler sei.

Aber das alleine trifft es nicht und greift als Erklärungsmuster für Henning Voscheraus ungebrochene Popularität zu kurz.

 

Denn in der Politik sind die Schauspieler verpönt. Sie sprechen ein fremdes Skript. Sie geben nur vor, etwas zu sein. Sie spielen eine Rolle und morgen nach Bedarf auch eine andere.

In unseren Zeiten, die nach authentischen Politikerinnen und Politikern förmlich schreien, ist das alleine ganz sicher keine Erfolgsstrategie.

 

Es ist komplizierter. Denn natürlich hat Politik immer auch etwas mit Theater zu tun. Nicht nur die Leitartikler begreifen sich manchmal als Rezensenten einer Aufführung, auch viele Bürgerinnen und Bürger erwarten eine ansprechende Story und eine gute Show.

 

Kein Wunder also, dass das politische Vokabular der Theatersprache nicht unähnlich ist: Auch in der Politik gibt es Auftritte. Auch wir Souffleure und Hinterbühnen. Auch wir erleben Dramen und Komödien und müssen mit fallenden Vorhängen, Buh-Rufen und Applaus klar kommen.

 

Und um noch grundsätzlicher zu werden die moderne Soziologie hat uns gelehrt, dass wir im Leben alle Rollen spielen, weil wir sonst zum sozialen Miteinander gar nicht fähig wären.

Es kommt also darauf an, die eigene Rolle angemessen zu spielen, sie auszufüllen und sie im Wortsinne zu verkörpern.

 

Genau das hat Henning Voscherau, hast Du lieber Henning, mit der Rolle des ersten Bürgermeisters der Freien und Hansestadt Hamburg stets getan: Du hast sie ausgefüllt.

Die Zeit hat vor einem dreiviertel Jahr mal geschrieben, dass es für diese Rolle ausreiche, einen blauen Anzug würdevoll tragen zu können.

 

Dass das Repertoire dieser Rolle breiter und interessanter ist auch das ist eine Lehre aus dem Wirken Hennung Voscheraus.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

ich begrüße Sie herzlich beim Senatsfrühstück anlässlich des 70. Geburtstages von Henning Voscherau. Er hat für die jüngere Vergangenheit die Rolle des ersten Bürgermeisters und ihre Wahrnehmung in der Stadt nachhaltig geprägt. Ihre spüre den Nachhall seines Wirkens heute am eigenen Leib, wenn ich ins Rathaus gehe.

 

Die spannenden Charaktere auf jeder Bühne sind diejenigen, die Widersprüchliches, oder scheinbar Widersprüchliches in sich vereinen. Das gilt auch für Henning Voscherau:

Als Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg hat er vieles in seiner Person und Politik zusammengebracht:


Den in der Wolle gefärbten Sozialdemokraten mit dem Wert- Konservativen insbesondere was politische Experimente betraf.

Den Visionär hier fällt das Stichwort Hafencity mit dem sorgenden Landesvater.

Den ernsthaften Stadtmanager mit dem charmanten Conferencier gesellschaftlicher Ereignisse.

Außerdem den Familienvater. Den, wie man heute noch hört, rustikal agierenden Hockeyspieler. Und den Juristen, den wir erst kürzlich gewürdigt haben, als er kraft Alters als Hamburger Notar aufhören musste.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

bei allen diesen zum Teil einander widersprechenden Facetten gab und gibt es eine Konstante: Henning Voscherau hat sich immer um Hamburg gekümmert. Er hatte schon als Abgeordneter und als Fraktionsvorsitzender, später dann erst recht als erster Bürgermeister, die Belange der Stadt fest im Blick.

 

Seine pragmatische und konkrete Politik hat Hamburg zu einer lebenswerten und prosperierenden Stadt gemacht. Statt alle Ressourcen auf spektakuläre Leuchtturmprojekte zu werfen, hat er die Funktionstüchtigkeit unserer Infrastruktur gestärkt:

 

Kein spielerischer Umgang mit den Grundfunktionen der Stadt, war einer der wesentlichen Kernsätze des Politikers Henning Voscherau. Das betraf etliche Themenfelder, von der Energiepolitik bis zur Abfallwirtschaft.

 

Und das führte dazu, dass Henning Voscherau etwaige Koalitionen seiner Partei mit den Grünen damals mit großer Sorge sah. Ich denke, mittlerweile hat die SPD bewiesen, dass sie sich mit ihrer pragmatischen Politik in solchen Konstellationen durchsetzen kann und gute Politik betreibt. Aber ich gebe auch zu: Diese pragmatische Politik ohne den Widerstand eines Koalitionspartners zum Wohle der Stadt formulieren zu können, ist noch besser.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

Henning Voscherau war Bürgermeister in bewegten Zeiten. Er war jemand, an dem sich die Hamburgerinnen und Hamburger orientieren konnten. Jemand, der die Richtung vorgab:

Henning Voscherau wusste früh, dass der Mauerfall und seine Folgen, die deutsche Vereinigung und das europäische Zusammenwachsen auch Hamburg stark betreffen würden. Neue Chancen für Handel und Wandel würden wachsen.


Um die Stadt gut durch jene dramatische Zeit mit ihrer täglich sich umwälzenden Informationsflut zu steuern, konnte sich Hamburg keinen besseren Bürgermeister wünschen.

Die Ereignisse trafen auch den Nerv des begeisterten Föderalisten Henning Voscherau. Helmut Schmidt hat neulich erzählt, was selbst er damals von ihm auf diesem Gebiet gelernt hat.

 

Henning Voscherau hinterließ seinen Nachfolgern nicht bloß eine neue Landesverfassung samt Richtlinienkompetenz des Regierungschefs, sondern auch eine mächtige Vision: die HafenCity, die er noch selbst auf den Weg gebracht hatte.

 

Aus der Vision den Hafen als Kraftzentrum zu stärken, gleichzeitig nicht mehr genutzte Flächen städtebaulich zu integrieren ist inzwischen eine Realität geworden. Sie ist noch lange nicht vollendet, wird aber von den meisten Hamburgern bereits jetzt begeistert angenommen. Touristen kommen auch wegen der HafenCity nach Hamburg. Sie wird ihren Platz unter den ähnlich ambitionierten Projekten anderer Metropolen finden.

 

In diesem Projekt wird greifbar, dass Hamburg zu den Big Cities unserer Zeit gehört. Zu jenen urbanen Zentren, in denen das Neue gedacht und ausprobiert wird, in denen Kreativität und Prosperität, Kultur und Humanität auf engstem Raum zusammenkommen und sich wechselseitig stärken.

 

Wir werden diese Vision auch in Zukunft weiter mit Leben füllen, damit Hamburg die spannende Metropole des Nordens bleibt.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

70 Jahre Henning Voscherau erstrecken sich auf 70 Jahre jüngste und allerjüngste hamburgische Geschichte und in fast die Hälfte davon hat sich dieser Hanseat eingemischt.

 

Henning Voscherau trug Verantwortung in bewegten Zeiten: die Wirren um die Hafenstraße, die Übernahme von 41.500 Wohnungen der Neuen Heimat Nord, die Folgen der Wiedervereinigung und weltwirtschaftliche Umbrüche, das kommunale Wahlrecht für Ausländer, der Ausbau des Medienstandorts, die Vision der HafenCity vieles ist passiert, an vielem hat er prägend mitgewirkt.

 

Auf die Frage Was zeichnet Sie als Bürgermeister aus? hat Henning Voscherau einmal geantwortet: Ich bin schnell. Hinzukommt: Er war nicht nur schnell, sondern er war schnell bei der richtigen Analyse und der richtigen Strategie.

 

Manche gute Entwicklung der letzten Jahre und Jahrzehnte wäre ohne Henning Voscheraus schnelle und energische Entschlusskraft nicht zustande gekommen.

 

Hamburg hat allen Grund, auf diesen Bürger und sein Wirken ganz besonders stolz zu sein.

Deswegen freue ich mich, dass wir Henning Voscherau heute nicht nur dieses Senatsfrühstück ausrichten dürfen, sondern ihm außerdem die Bürgermeister-Stolten-Medaille verleihen können.

 

Mit dieser Auszeichnung ehrt der Senat Persönlichkeiten, die sich in ihrem öffentlichen Wirken bleibende Verdienste um Hamburg erworben haben.

 

Henning Voscherau ist im öffentlichen Diskurs der Stadt bis heute präsent. Er weiß seine Rolle auszufüllen ganz sicherlich künftig auch die Rolle des Trägers der Bürgermeister-Stolten-Medaille.

 

Wir Hamburger sind freundlich, fröhlich und lebenslang sehr verlässlich, hat Henning Voscherau einmal gesagt.

 

Lieber Henning, gut, dass Du ein echter Hamburger bist.

 

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag und zur Ehrung mit der Bürgermeister-Stolten-Medaille.

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.