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19.09.2012

Umbenennung der Experimentierhalle bei DESY

 

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

sehr geehrter Herr Professor Dosch,

sehr geehrte Frau Professorin Yonath,

Exzellenzen,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

es ehrt unsere Stadt und es freut mich persönlich sehr, dass ich Sie heute an diesem besonderen Ort begrüßen kann. Hamburg wird in Zukunft noch mehr als bisher der Ort sein, an dem sich Wissenschaftler aus der ganzen Welt zusammenfinden. Das ist der gesamten Entwicklung rund um das DESY hier in Bahrenfeld zu verdanken.

 

Hier wird zu sehen sein, was eigentlich passiert:

 

  • wenn Zellen wachsen; 
  • wenn Arzneimittel wirken; 
  • wenn Moleküle auf Oberflächen treffen.

 

Wohlgemerkt: zu sehen!

 

Das Beobachten solcher Prozesse wird nur an wenigen Orten auf der Welt möglich sein. Einer dieser Orte ist Hamburg.

 

Nicht nur für die Stadt selbst, sondern den ganzen Orbit zwischen Bahrenfeld und Geesthacht bedeutet das viel. Es freut mich, dass beide Orte im Beitrag von Herrn Professor Dosch bereits gebührend erwähnt worden sind. Das gibt mir die willkommene Chance, die fünf Millionen Einwohner der Metropolregion Hamburg kurz ins Spiel zu bringen. Jede und jeder hundertste EU-Bürger, und Bürgerin, lebt und arbeitet hier, zwischen Bahrenfeld und Geesthacht.

 

Es liegt auf der Hand, welchen Stellenwert die hier betriebene Grundlagenforschung für unsere Region und weit über sie hinaus hat.

 

Wie weit über sie hinaus, darüber will ich nicht philosophieren, denn es wird einem ja leicht schwindlig von den raum-zeitlichen Dimensionen, die in solchen harmlos klingenden Ortschaften ausgelotet werden. Da geht es um mehr als 13 ½ Milliarden Jahre! So lange liegt nach derzeitigem Wissensstand schon zurück, was wir mit etwas hilfloser Semantik den Urknall nennen.

 

Ob der Nobelpreisträger Max von Laue, den wir heute würdigen, einen eleganteren Begriff geprägt hätte, wissen wir nicht. Auf der Spur war er der Entstehung von Raum und Zeit, er hat Einsteins Relativitätstheorie in der Wissenschaft zum Durchbruch verholfen. Er hat auch vor der atomaren Aufrüstung gewarnt. Das gehörte für ihn zusammen, denn die im 20. Jahrhundert entwickelten Waffen drohten die Menschheit und ihr Streben nach Erkenntnis um Lichtjahre zurückzuwerfen.

 

Frau Professorin Ada Yonath, Nobelpreisträgerin aus Israel, heute Ehrengast hier bei DESY, ist Pionierin der Ribosomenforschung durch Röntgenstruktur-Analyse. Um sehr kleine Teile geht es dieser Forschung, mit möglicherweise sehr großen Folgen auf medizinischem Gebiet.  

 

Meine Damen und Herren,

 

Zitat: Wenn in einer Röntgenröhre ein Elektron in eine Wolfram-Anode rast, wird es dort von Atomkernen ausgebremst. Zitatende. So, zum Beispiel, versuchen Physiker populär zu erklären, worum es bei der Synchotronstrahlung geht. 

 

Ihr genauer auf die Spur zu kommen übrigens ist mir klar, dass Sie, Frau Bundeskanzlerin, sich damit genauer auskennen darum jedenfalls geht es in dieser Experimentierhalle, die ab jetzt Max von Laues Namen tragen wird. 

 

Naturwissenschaftliche Strukturforschung die Metropolregion Hamburg schätzt sich glücklich, und ist auch ein wenig stolz darauf, dass ein nicht unwesentlicher, inzwischen weltweit berühmter Teil derselben hier zwischen Elbe und Bornmoor stattfindet.

 

Auf dem Science Campus Hamburg Bahrenfeld entsteht derzeit ein weltweit einzigartiges Strukturforschungszentrum. Dort kooperieren die Universität Hamburg, das Helmholtz-Zentrum DESY, Max-Planck-Arbeitsgruppen und weitere außeruniversitäre Partner.

 

Ein einzigartig breites Spektrum an Lichtquellen bietet eine Forschungsinfrastruktur, die weltweit führend ist: der Freie-Elektronen-Laser FLASH bietet hochintensive ultrakurze Lichtblitze, PETRA III ist die derzeit brillanteste Speicherring-Röntgenstrahlungsquelle weltweit. Ab 2015 wird der europäische Freie-Elektronen-Laser XFEL für wissenschaftliche Experimente zur Verfügung stehen.

 

Dies wird flankiert von zwei großen neuen Forschungszentren:

 

Zum einen dem Center for Free-Electron Laser Science (CFEL), einer Kooperation von DESY, der Max-Planck-Gesellschaft und der Universität Hamburg. Die drei Partnerinstitutionen vereinen ihre Kompetenzen zur Erforschung struktureller Änderungen von Atomen, Molekülen, kondensierter Materie, Schmelzen oder biologischen Systemen. 

 

Zum anderen werden als i-Tüpfelchen, oder sollte ich sagen: Scheitelstein? die im CFEL beteiligten Max-Planck-Forschergruppen zu einem eigenständigen Max-Planck-Institut für Strukturforschung verschmelzen. Der Senat wird hierzu die notwendigen Mittel von mehr als 30 Millionen Euro bereitstellen.

 

Mit der Gründung eines Centers for Structural and Systems Biology (CSSB) sollen drei hochaktuelle Forschungsfelder Strukturforschung, Systembiologie und Infektionsforschung unter einem Dach gebündelt werden. Ziel ist es, die Synchrotronstrahlungsquellen am DESY verstärkt für die Lebenswissenschaften zu nutzen. 

 

Die Kombination der Disziplinen Physik, Chemie, Biologie und Medizin sowie die geplante Zusammenarbeit von Einrichtungen aus dem norddeutschen Raum sind einzigartig in der biomedizinischen Grundlagenforschung. Ich bin glücklich und dankbar, dass der Aufbau des CSSB und die erforderlichen Investitionen gemeinsam vom Bund 36,5 Millionen Euro sowie den Ländern Hamburg und Niedersachsen getragen werden.

 

Meine Damen und  Herren,

 

dies alles wird nicht nur neue Erkenntnisse im Bereich der Grundlagenforschung ermöglichen auf dem für DESY klassischen und vertrauten Terrain. 

 

Es wird auch völlig neue Perspektiven im Bereich der anwendungsbezogenen Forschung eröffnen als Stichworte seien hier unterschiedliche Felder der Nanotechnologie, der Werkstoffforschung, oder der Bereich life sciences genannt. Die Stadt befindet sich aktuell in einem intensiven Dialog mit dem DESY, um zu prüfen, ob diese Entwicklung möglicherweise auch in einen Technologiepark münden kann, der an den Campus Bahrenfeld angeschlossen wäre.

 

Diese Entwicklung ist auch Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit zwischen DESY und der Universität Hamburg, die ihren Ausdruck in einer strategischen Partnerschaft mit der maritimen Bezeichnung PIER gefunden hat (Partnership for Innovation, Education and Research). Dass diese Kooperation ein Erfolg ist und noch Großes erwarten lässt, beweist nicht zuletzt der Erfolg in der Bundesexzellenzinitiaive mit dem Cluster Hamburg Center for Ultrafast Imaging.

 

Meine Damen und Herren,

 

das eben erwähnte Rasen des Elektrons in eine Wolfram-Anode hätte Friedrich Schiller gefallen, denn er wusste: Leicht beieinander wohnen die Gedanken, doch hart im Raume stoßen sich die Sachen. Hart im Raume stießen sich früher auch manche Gedanken.

 

Galileo Galilei hätte den Begriff Urknall noch nicht verwenden dürfen. Vorausgeahnt hat er vielleicht, dass sich die Schöpfungsgeschichte noch mancherlei Herausforderungen würde stellen müssen. Gesagt hat er in diesem Zusammenhang zwei wunderbare Sätze, oder hat sie ihm Bertolt Brecht nur in den Mund gelegt?

 

Erstens: Wenn es dem Herrn gefallen hätte, die Gestirne ganz und gar erratisch ihre Bahn ziehen zu lassen, dann hätte er das menschliche Denken genauso erratisch angelegt und wir könnten das Weltall trotzdem versuchen zu erforschen. 

 

Anfangen könnten wir ja zweitens damit, dass wir einfach mal durch seine neuen Fernrohre schauen möchten, dafür habe er sie schließlich entwickelt.

 

Wir sind heute in der glücklichen Lage, Fernrohre ganz anderer Qualität zu haben, mit denen wir tief in Raum und Zeit schauen können. Und in der Lage, dieses auch tun und frei forschen und publizieren zu dürfen. Max von Laue durfte es in seiner Zeit nur begrenzt, er verteidigte die nach 1933 diffamierte so genannte jüdische Physik Einsteins und begab sich damit auf dünnes Eis, im damaligen Deutschland.

 

Ich wünsche den jetzigen und folgenden Forschergenerationen ein unbeeinflusstes Arbeiten im Dienst der Wissenschaft. 

 

Vielen Dank.

 
 
Es gilt das gesprochene Wort.