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26.04.2012

Verabschiedung des Rechnungshofpräsidenten Dr. Meyer-Abich

 

Sehr geehrter Herr Präsident Dr. Meyer-Abich,

sehr geehrte Frau Präsidentin der hamburgischen Bürgerschaft,

meine Damen und Herren Präsidenten der Rechnungshöfe und der Gerichte,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

The best things in life are free.

 

Niemals hätte ich geplant, die Verabschiedung eines Rechnungshof-Präsidenten ausgerechnet mit dem Zitat zu beginnen.

 

Näher liegend wäre vielleicht dieses hier, und es stimmt auch, nämlich: Der beste Weg, seine Unabhängigkeit zu verlieren, ist Geld auszugeben, das man nicht hat. Das ist von Kemal Atatürk, der ja kein Zauderer war, sondern ein Staatsmann mit großen Zielen, mit Zukunftsvorstellungen, die anfangs Vielen als Fata Morgana erschienen sind. Ein Visionär und Realist.

 

Das war jetzt ein großer Spagat gleich zu Beginn, aber ich kann mir vorstellen, dass dieser Rechnungshof-Präsident mit beiden Zitaten etwas anzufangen weiß. Er ist ja nicht irgendeiner, sondern Dr. Jann Meyer-Abich, der, wie wir gerade gehört haben, zehn Jahre lang allmorgendlich zum Dienst geradelt ist. Mit Helm, ganz bestimmt, denn der Weg führte durch verkehrsreiche Stadtteile. Mit Vorfreude auf seinen Arbeitstag, ganz bestimmt jedenfalls an den meisten Tagen denn der Weg führte durch lebendige Stadtteile.

Durch Teile einer Stadt, in der und für die zu arbeiten eine ganz schön tolle Aufgabe ist. Weil Hamburg sich entwickelt, ein großes Zukunftspotenzial hat, weil schwierige Aufgaben zu lösen sind, die gleichzeitig große Chancen bieten.

 

The best things in life are free gehört zu diesen Dingen die Begeisterung, am richtigen Ort zu sein, und daran mitzuwirken, dass er gut regiert werden kann?

 

Sie gehört dazu. Und ergänzt das, was der Songwriter der in Kalifornien lebt natürlich auch meint: dass man niemals den Sonnenuntergang über Malibu Beach versäumen sollte zu genießen, auch wenn man danach noch ins Studio muss. Wenn Sie Malibu Beach durch das Niendorfer  Gehege ersetzen, oder den morgendlichen Elbblick von Dr. Meyer-Abichs Fahrrad aus, wissen Sie, dass es gut auf Hamburg übertragbar ist. Daran mitzuwirken, dass Hamburg gut regiert werden kann als Finanzkontrolleur, als Gegenrechner, nicht nur als Schuldenbremser, sondern auch als Ideengeber   das haben Sie, lieber Dr. Meyer-Abich, als Ihre Aufgabe betrachtet und die haben sie zehn Jahre lang, eigentlich ja 19 Jahre lang, beharrlich erfüllt. Und das Perfekt benutze ich nur, weil Sie jetzt offiziell in den Ruhestand gehen.

 

Ich sehe voraus, dass Sie auch weiterhin darüber nachdenken werden, wie sich die Verwaltung verbessern lässt. In die Richtung haben Sie die Aufgabe des Rechnungshofs weitergedacht: Er sollte nicht nur Prüfinstanz sein, sondern aktiv Vorschläge machen, wie die Stadt das Geld ihrer Bürgerinnen und Bürger noch effektiver einsetzen kann.

 

Beratende Äußerungen zur Haushaltsführung oder zu Projekten, so hieß das bei Ihnen. Über die waren frühere Senate im Einzelnen nicht immer begeistert und wer weiß, in welchen Punkten der jetzige Senat in den kommenden Jahren mit handfesten Randnotizen von Ihrer Seite hätte rechnen müssen.

 

Die Bürgerschaftspräsidentin hat ja eben einige zitiert. Gut gemeint, reicht nicht das wäre natürlich die Höchststrafe. Aber mit Sicherheit würde ein Vorschlag folgen, was denn reichen könnte.

 

Meine Damen und Herren,

die Schuldenbremse: Hamburg nimmt den grundgesetzlichen Auftrag ernst, und wie genau der Senat vorzugehen gedenkt, darüber haben wir in der Bürgerschaft mit Leidenschaft debattiert, nicht zum letzten Mal.

 

Als Stadt und Bundesland stehen wir vor noch größeren Herausforderungen als die Flächenländer. Trotzdem bin ich ein unverdrossener Anhänger der Schuldenbremse, denn ohne sie kommen wir nie von der Neuverschuldung herunter.

 

Ich bin deshalb sehr froh, dass drei in der Bürgerschaft vertretene Parteien sich dafür ausgesprochen haben, sie nun auch in die Hamburger Verfassung aufzunehmen.

 

Wir machen uns daran, die Vorgaben der Schuldenbremse zu erfüllen, und zwar, indem wir den Weg zur Haushaltskonsolidierung verändert haben: nicht über die Einnahmen, sondern über die Ausgaben. Wieviel können wir 2020 ausgeben? Wir sagen: ungefähr 12 ½ Milliarden, weil wir das ausgerechnet haben, und nicht weil grob gepeilte Konjunkturprognosen es nahelegen.

 

Deshalb die erwähnten 0,88 Prozent als erlaubte und mögliche jährliche Ausgabensteigerung. Das ist eine große Herausforderung und, Herr Dr. Meyer-Abich, der Rechnungshof hat ja den Ehrgeiz gelobt, dass wir uns ihr stellen. Er hat aber auch Skepsis durchblicken lassen. 

 

Wir werden das Ziel erreichen. Ich verspreche Ihnen das. Bei den eben genannten 12 ½ Milliarden müssen wir landen und beim nächsten Haushalt, 2013/14, wird sich erweisen, dass wir nicht zu viel versprochen haben. Das sage ich auch allen Zweiflern. Mir persönlich ist dieses große Ziel sehr wichtig.

 

Ich will aber noch auf die Zukunftsvorstellungen zurückkommen. Durch die wird ja das Konsolidieren des Haushalts erst spannend, weil es dann mehr ist als eine notwendige Pflicht.

 

Meine Vorstellung ist, dass wir die demografische Entwicklung positiv nutzen. Wir können in Hamburg ja nicht die so genannte demografische Rendite nutzen, die darin besteht, dass sich Kapazitätsprobleme an Schulen oder Universitäten durch abnehmende Schüler- und Studentenzahlen von selbst lösen, jedenfalls ein bisschen. Oder dass dieselbe Entwicklung den Arbeitsmarkt entlasten könnte.

 

Was für den Moment vielleicht stimmt, aber perspektivisch nicht aufgeht. In Hamburg stimmt es auch nicht. Hier wachsen Einwohner-, Schüler-, Studenten-, Beschäftigtenzahlen und das wollen und brauchen wir auch.                               

 

Wir müssen verstärkt daran arbeiten, die Bildungs- und Qualifizierungschancen für junge Leute zu verbessern. Denn es ist frustrierend und gefährlich, wenn sie sehen, dass sie wegen mangelnder Fachkenntnisse auf dem Arbeitsmarkt nicht gebraucht oder nur ausgenutzt werden.

 

Eine gute Ausbildung eröffnet jungen Erwachsenen Berufs- und Lebensperspektiven. Wer beruflichen Erfolg hat, ist gesellschaftlich integriert, wirtschaftlich und sozial abgesichert. Wer eine Ausbildung abgeschlossen hat, wird mit geringerer Wahrscheinlichkeit arbeitslos.

 

Längst zeichnet sich ab, dass in absehbarer Zeit mehr höher qualifizierte Fachkräfte in den Unternehmen benötigt werden. Also müssen mehr so genannte Bildungsbenachteiligte in den Ausbildungsmarkt integriert werden. Und das Bildungsniveau muss insgesamt steigen.

 

Auch deswegen hat der Hamburger Senat in seinem Arbeitsprogramm als Ziel festgeschrieben, dass alle jungen Erwachsenen in Hamburg entweder das Abitur machen oder eine klassische Berufsausbildung absolvieren.

 

Das ist aus meiner Sicht ein notwendiger Schritt, um als große Stadt zukunftsfähig zu sein und was die Steuergelder der Bürgerinnen und Bürger betrifft mit diesen nicht nur sparsam und schuldenbremsend umzugehen, sondern sicher zu sein, dass auch auf der Einnahmenseite die Rechnung aufgeht.

 

Denn mögen auch die besten Dinge des Lebens kostenlos sein, so entbindet das doch die Stadt nicht von umfangreichen Investitionen, damit die zweitbesten Infrastruktur genannt ebenfalls zur Verfügung stehen. Kitas und Studienplätze sogar kostenlos.   

 

Qualifizierung ist ein notwendiger Schritt, denn dazu gehören ebenso eine Einwanderungspolitik, die die Potenziale neuer Stadtbewohnerinnen und 

-bewohner fördert und nutzt die zum Beispiel ausdrücklich für Einbürgerung wirbt und dass wir Beruf und Familie besser vereinbar machen. Auch dafür gibt es in der großen Stadt die besten Chancen.

 

Hamburgs Einwohnerzahl wächst ein erfolgreiches Wohnungsbauprogramm vorausgesetzt , weil sich die Neu-Hamburger für sich und ihre Familien und ihr persönliches Leben etwas davon versprechen. Weil sie wissen, dass sich die Stadt um gute Bedingungen für ihre Bewohner von der Kita an kümmert.      

 Es gibt Wachstum, es wird investiert und gebaut, es wird konsumiert und wenn man mit dem Fahrrad oder in Laufschuhen, im Dienstwagen oder Brennstoffzellenbus durch Hamburg fährt, sieht und spürt man, was alles in Bewegung ist. 

 

Und weil das so ist, werden wir unsere Unabhängigkeit nicht verlieren. Sondern die Aufgabe bewältigen, die da lautet: Schon jetzt, und unverdrossen bis 2020, müssen wir auf die im Grundgesetz festgelegte Schuldenbremse hinarbeiten.  

 

Meine Damen und Herren,

sehr geehrter in wenigen Minuten ex-Präsident Dr. Meyer-Abich,

 

ab 2020 wird Hamburg keine neuen Schulden mehr machen. Das werden wir jetzt in die Hamburger Verfassung schreiben. 

 

Ich weiß nicht, ob und was Sie in Zukunft vorhaben zu schreiben. Auf die Randbemerkung gut gemeint, reicht nicht müssen wir hoffentlich nicht gefasst sein. Ich wünsche Ihnen alles Gute und überreiche Ihnen jetzt diese Urkunde.

 
 
Es gilt das gesprochene Wort.