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06.09.2013

Verleihung des Körber-Preises für die Europäische Wissenschaft 2013

Verleihung des Körber-Preises für die Europäische Wissenschaft 2013

 

 

 

Sehr geehrter Herr Professor Bloch,
sehr geehrte Frau Dr. Paredes,

sehr geehrter Herr Yogeshwar,
sehr geehrter Herr Wriedt,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

es ist mir eine Freude, heute anlässlich der Preisverleihung des Körber-Preises für die Europäische Wissenschaft 2013 zu Ihnen zu sprechen.

Vor mehr als 150 Jahren, im Jahr 1856, schrieb der Schriftsteller Alexis de Tocqueville in seinem Werk Der alte Staat und die Revolution über Hamburg: Hamburg allein bleibt ein großes Zentrum für Reichtum und Bildung.

Über den Reichtum von damals wundern wir uns nicht. Aber die Stadt der Pfeffersäcke und ehrbaren Kaufleute ein Zentrum für Bildung? Da legt so mancher aufgeklärte Bürger des 21. Jahrhunderts die Stirn in Falten. Doch seine Zweifel sind nicht berechtigt, im Gegenteil.

Ja, Hamburg war damals und ist heute wieder ein wichtiges Zentrum für Bildung, attraktiv für Studierende aus aller Welt. Ich freue mich darüber: Unsere Universität ist die fünftgrößte des Landes. Eine erhebliche Anzahl unserer hanseatischen Landeskinder besuchen die Universität Hamburg, viele Gäste aus Deutschland sowie zahlreiche Studentinnen und Studenten aus dem Ausland insgesamt rund 88.000 Studierende.

Und Hamburg setzt auf Spitzenforschung: Aktuell ist das in unserer Stadt an keiner Stelle augenfälliger als auf dem DESY-Campus. Dort beteiligen sich zwölf europäische Länder am Bau des XFEL, Europas neuem Röntgenlaser. Etwa von 2016 an soll er intensive Röntgenblitze erzeugen, um damit die atomare Struktur von Krankheitserregern, Biomolekülen, Werkstoffen und anderen Materialien herauszufinden. Die Forscher können die chemischen Reaktionen dabei sogar filmen.

Eine solche Gesamtanlage hat Ausmaße, die auf keinem einzelnen Grundstück Platz finden: Sie besteht aus einem knapp 5,8 Kilometer langen Tunnelsystem mit entsprechenden Gebäuden auf dem Campus des Deutschen Elektronen-Synchrotrons DESY in Hamburg-Bahrenfeld, an der Betriebsstätte Osdorfer Born und dem Hauptgelände in Schenefeld.

Die Tunnel münden dort in eine unterirdische Experimentierhalle, die mit einer Fläche von 4500 Quadratmetern etwa so groß ist wie ein Hockeyfeld. Nicht nur das, eindrucksvoll finde ich auch die Vertikale: Mit 14 Metern liegt die Halle so tief, dass ein vier- bis fünfgeschossiges Gebäude darin komplett verschwinden würde.

Meine Damen und Herren,
vorgestern haben wir den Spatenstich für eine weitere große Forschungseinrichtung auf dem Campus Bahrenfeld vorgenommen: Das Centrum für Strukturelle Systembiologie (CSSB).

Das CSSB schlägt eine Brücke zwischen der physikalischen Grundlagenforschung, wie sie das DESY und die Universität Hamburg schon seit 1959 betreiben, und der Grundlagenforschung in den Lebenswissenschaften.

Und ich gebe gern zu: Wir sind durchaus stolz auf die Großforschungs-Infrastrukturen, die in Hamburg geschaffen wurden und künftig noch geschaffen werden.

Die Geschichte ist schnell geschildert: Physikerinnen und Physiker aus Hamburg entwickelten den hiesigen Röntgenlaser, der zunächst nur ein Teil des Linearbeschleunigers sein sollte, zu einer eigenständigen Maschine. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten, und das hatte Konsequenzen.

In der Folge avancierte der Campus Bahrenfeld mehr und mehr zu einem breit aufgestellten interdisziplinären Forschungszentrum.
Im Sommer dieses Jahres haben wir das Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) eingeweiht  ein Anwendungszentrum für die Forschung an Elektronenlasern, das in Kooperation von DESY, der Max-Planck-Gesellschaft und der Universität Hamburg betrieben wird. Iinsgesamt wurden rund 50 Millionen Euro in das Forschungsgebäude investiert, das den Bedürfnissen von Biologen, Biochemikern, Chemikern und Physikern unter einem gemeinsamen Dach gerecht werden soll.

Ein weiterer zentraler Baustein in diesem Zusammenhang ist der Exzellenzcluster Hamburg Center for Ultrafast Imaging (HCUI) mit einem Fördervolumen von etwa 29 Millionen Euro aus Mitteln der Exzellenzintiative des Bundes und der Länder.

Und die nächste Forschungsinstitution steht schon in den Startlöchern: Das in diesem Jahr neu gegründete Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie plant hier ein eigenes Forschungsgebäude. Der Name dieses neuen Instituts, auf das wir sehr stolz sind, steht auch für die Dynamik, mit der sich die Dinge im Moment gerade auf dem DESY Campus entwickeln.

Ganz wichtig ist mir bei alledem, dass diese Entwicklung im engen Schulterschluss mit den Hamburger Hochschulen verläuft. Mit der Ansiedlung des Zentrums für optische Quantentechnolgie (ZOQ) auf dem Campus in Bahrenfeld und der strategischen Partnerschaft zwischen der Universität und dem DESY der PIER-Partnership for Innovation, Education und Research sind die Weichen dafür gestellt, dass Forschung und Lehre Hand in Hand gehen und wir den Studierenden beste Perspektiven in der Forschung aufzeigen können.

Denn die größte wissenschaftliche Erkenntnis ist nutzlos, wenn sie nicht weitervermittelt werden kann.

Meine  Damen und Herren,
natürlich hat Hamburg auch in anderen Bereich exzellente Wissenschaft zu bieten etwa in der Klima- oder in der Infektionsforschung, um nur zwei Stichworte zu nennen. Wenn ich mich heute so detailliert mit unseren Aktivitäten im Bereich der Strukturforschung auseinandergesetzt habe, dann deswegen, weil der heutige Preisträger des Körber-Preises für die Europäische Wissenschaft 2013 auch in diesem Bereich beheimatet ist.  

Trotz seines jugendlichen Alters von 40 Jahren hat Prof. Immanuel Bloch schon so viele Preise für seine Forschungen erhalten, dass ich sie gar nicht alle aufzählen kann, und das habe ich mir sagen lassen er war schon als Schüler fasziniert von der Welt der Physik.

Heute ist Prof. Bloch Wissenschaftlicher Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik und Lehrstuhlinhaber für Experimentalphysik an der Ludwig-Maximilians-Universität in der Bayrischen Landeshauptstadt München.

Er fand heraus, wie man mikroskopische Prozesse im Innern von Festkörpern nach außen hin sichtbar machen kann das galt bisher als nicht möglich. Ein stark vergrößertes Labormodell half ihm dabei. Bloch erzeugt in seinen Experimenten einen mikroskopischen Lichtkristall aus Laserstrahlen. In dessen optischen Käfigen werden sogenannte ultrakalte Atome eingefangen. Der Quantensimulator dient dabei als Modell für die Untersuchung grundlegender quantenmechanischer Prozesse in Materialien wie Metallen.

Prof. Bloch erhält den Körber-Preis für seine Arbeiten. Er hat ein neues Forschungsgebiet an der Schnittstelle von Quantenoptik, Quanten-informationsverarbeitung und Festkörperphysik eröffnet.

Diese beeindruckende wissenschaftliche Karriere lässt vermuten: Irgendetwas muss bereits bei dem Schüler Immanuel Bloch das Interesse für Quantenoptik derart intensiv und nachhaltig geweckt haben, dass ihn das Thema über Jahrzehnte begleitete. Wie kann das geschehen sein? Ich hoffe, dass Ranga Yogeschwar ihn dazu genauer befragt und auch der Film darauf eingeht.

Denn vielleicht erhalten wir nützliche Erkenntnisse für das Lernen der Kinder von heute. Aufschlussreiche Ideen, wie wir unseren Nachwuchs künftig noch nachhaltiger fördern, sind jederzeit gefragt.

Meine Damen und Herren,
Wissenschaft und Bildung gehören zur Identität der Stadt Hamburg ebenso wie die Finanzen, die hier schon immer eine gewichtige Rolle gespielt haben. Ohne Geld geht nun einmal nichts.

Auch deshalb freue ich mich über unsere Stiftungen, die uns seit Jahrzehnten dabei helfen, unsere kleinen und großen Forscher für besondere Leistungen zu würdigen.

Ich erinnere daran, dass sich sieben Hamburger Stiftungen 2011 zusammengeschlossen haben:

 

  • die Körber Stiftung,
  • die Alfred Töpfer Stiftung,
  • die Hamburgische Stiftung für Wissenschaften, Entwicklung und Kultur Helmut und Hannelore Greve,
  • die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung,
  • die Hermann Reemtsma Stiftung,
  • die Joachim Herz Stiftung
  • sowie die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius

Gemeinsam stärken sie unsere Universität und unterhalten beispielsweise den Fonds für Nachwuchsforschung.


Die beteiligte Körber Stiftung wurde schon 1959 von dem Unternehmer Kurt A. Körber ins Leben gerufen. Seitdem unterstützt sie die Stadt mit ihren Projekten. Und ich darf an dieser Stelle einmal sagen, wie dankbar ich für diese wertvolle Hilfe bin.

Ob der Bergedorfer Gesprächskreis, das Körber-Netzwerk Bürgergesellschaft, die Initiative Naturwissenschaft und Technik, das Haus im Park oder das MINTforum Hamburg all diese Projekte der Körber-Stiftung und noch viele andere mehr stärken die Zivilgesellschaft und unterstützen die Bürgerinnen und Bürger darin, Verantwortung zu übernehmen.

Das Geld für diese Stiftung erwirtschaftet die Körber AG, eine internationale Gruppe von Maschinenbauunternehmen mit über 9.000 Beschäftigten im In-und Ausland. Als Erster Bürgermeister kann ich nur staunen, wie stark die Freie und Hansestadt von der Körber-Stiftung alle Jahre wieder davon profitiert. So bleibt unsere Stadt ganz im Sinne von Alexis de Tocqueville ein Zentrum für Reichtum und Bildung.

Ich danke der Körber-Stiftung für die diesjährige Auszeichnung von Prof. Immanuel Bloch und gratuliere dem Preisträger recht herzlich.

 

Es gilt das gesprochene Wort.