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11.05.2011

"Warum haben Sie keinen Schreibtisch, Herr Scholz?" - Interview mit der Hamburger Morgenpost

 

Wo arbeiten Sie überhaupt? Sie haben ja nicht mal einen Schreibtisch!

 

Ich hatte bislang wichtigere Dinge zu tun, als Möbel anzuschaffen. Demnächst kommt ein Stehtisch.

 

Haben Sie Rückenprobleme?

 

Ich arbeite gerne im Stehen.

 

Hat Herr Ahlhaus den alten Tisch einfach mitgenommen oder fanden Sie den so hässlich?

 

Der war eine freundliche Leihgabe von Herrn von Beust. Er braucht ihn wieder.

 

Läuft denn sonst alles, wie Sie es sich vorgestellt haben?

 

Wir setzen jetzt den Bürgerwillen um. Was wir versprochen haben, wird in vier Jahren erledigt sein.


Sie haben versprochen, 6000 Wohnungen im Jahr zu bauen. Jetzt sagt die Bausenatorin nur noch, man versuche, dieses Ziel zu erreichen. Haben Sie zu viel versprochen?


Nein. Wir wollen 6000 Wohnungen im Jahr bauen. Wir müssen jetzt richtig umsteuern, Grundstücke bereitstellen, Baugenehmigungen erteilen. Ein Drittel der Wohnungen soll so gefördert werden, dass auch Bürger mit geringem Einkommen sie sich leisten können. Dass die SAGA jährlich 1000 Wohnungen bauen wird, zeigt, dass wir die Dinge anpacken.

 

Der SAGA-Chef sagt, dass er nicht mehr als 500 pro Jahr bauen kann.

 

Die SAGA wird bald jedes Jahr mit dem Bau von 1000 Wohnungen beginnen. Das geht. Sie hat in früheren Jahrzehnten auch schon mal mehr gebaut. Der Bürgerwille ist es, dass das städtische Unternehmen baut. Das werden wir durchsetzen.

 

Wann bemerkt eine Familie auf Wohnungssuche einen Unterschied auf dem Wohnungsmarkt?

 

Jeder kluge Mensch weiß, dass das nicht wie bei SimCity (Computerspiel, Anm. d. Redaktion) per Mausklick funktioniert. Man braucht Grundstücke, Steine, Glas, Holz, Stahl, Beton, Bauarbeiter. Und man muss viel Geld in die Hand nehmen. Das machen wir jetzt.

 

Spielen Sie solche Spiele?

 

Nein.

 

Herrscht aus Ihrer Sicht Wohnungsmangel oder -not?

 

Das kann jeder nennen wie er will. Fakt ist: Einige sind bei der Wohnungssuche schier verzweifelt. Auf deren Seite stehen wir.

 

Sie versprechen auch das modernste Bussystem Europas. Hochbahn-Chef Günter Elste hält davon wenig und sieht die Stadtbahn weiter als alternativlos an. Hat der keine Ahnung oder ist Ihnen seine Meinung egal?

 

Herr Elste hat bereits präzise Pläne, wie das modernste Bussystem Europas auf den Weg gebracht werden kann. Und zum Thema Stadtbahn: Es gibt Leute, die den Volkswillen unwichtig finden. Für mich gilt aber, was die Bürger wollen. Und die wollen keine Stadtbahn. Wir könnten sie uns auch gar nicht leisten.

 

Elste sagt, dass eine Stadtbahn auf Dauer günstiger ist als Busse.

 

Wir können die zwei Milliarden Euro für die Etablierung der Stadtbahn nicht aufbringen. Diese Ansicht teile ich mit den meisten Bürgern der Stadt. Ich zähle übrigens nicht zu den Leuten, die immer alles besser wissen wollen als die Bürger in einer demokratischen Stadt.

 

Der Volkswille über alles?

 

In einer Demokratie müssen die Bürger ihren Willen im Rahmen der Verfassung durchsetzen können.

 

Ein Teil dieser Bürger, die Beamten, ist mächtig sauer auf Sie.

 

Das sehe ich anders. Die Beamten sind sauer auf den Vorgänger-Senat, weil sie den Eindruck bekommen mussten, dass sie mit Gehaltskürzungen zum Beispiel für die Kostenexplosion bei der Elbphilharmonie aufkommen sollen.

 

Heute gibt es eine neue Verhandlungsrunde mit den Gewerkschaften. Können Sie Zugeständnisse machen?

 

Es geht hier um 180 Millionen Euro jährlich. Ich habe vor der Wahl gesagt, dass wir die schwarz-grünen Kürzungspläne nicht komplett zurückdrehen können. Wir werden sie aber abmildern.

 

Sie wollen die Rote Flora erhalten. Haben Sie Sympathien für die Besetzer?

 

Würde ich jetzt Sympathien äußern, würde das bei den Leuten in der Flora wohl zu großem Erschrecken führen.

 

Was ist mit der Jugendgewalt. Sind Sie für den zuletzt geforderten Warnschuss-Arrest?

 

Wir wollen dafür sorgen, dass Intensivtäter intensiv begleitet werden und dass alle staatlichen Institutionen auch wirklich eng kooperieren. Hier geht es nicht um den großen neuen Wurf sondern um präzise Arbeit mit großem Effekt.

 

Mit den großen Würfen haben Sie es eh nicht so, oder?

 

Ich will gut regieren, den Haushalt sanieren und zum Beispiel jedem Schulabgänger eine Perspektive bieten. Das ist bislang unerreicht in Deutschland. Wenn das manchen Leuten nicht großartig genug ist, stört mich das nicht.

 

Angela Merkel wird wegen ihrer Freude über den Tod Osama Bin Ladens verklagt. Haben Sie sich über dessen Tod gefreut?

 

Ich wurde so erzogen, dass ich mich über keinen Tod freue. Allerdings ist klar: Den USA ist ein weitreichender Schlag gegen den Terror gelungen.

 

Macht Bin Ladens Tod Hamburg sicherer?

 

Das kann man derzeit noch nicht beurteilen.

 

 

Das Interview führten Renate Pinzke und Mathis Neuburger.