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03.04.2016

"Wir brauchen Vorschläge, die auch funktionieren" Interview mit der Welt am Sonntag

"Wir brauchen Vorschläge, die auch funktionieren" Interview mit der Welt am Sonntag

 

Welt am Sonntag: Herr Bürgermeister, die Schließung der Balkanroute hat vorerst zu einem Rückgang der Flüchtlingszahl auch in Hamburg geführt. Denken Sie, dass das von Dauer sein wird?

Olaf Scholz: Die Verständigung mit der Türkei wird wahrscheinlich dazu führen, dass weniger Flüchtlinge nach Europa kommen. Ob es nun mehr oder weniger Flüchtlinge als 2015 werden, werden wir endgültig erst im Sommer erkennen. Wenn die bisherige Route von der Türkei über die Ägäis nach Griechenland und die weiteren Staaten Europas nun geregelt funktioniert, besteht die Gefahr, dass dann viele versuchen, über das Mittelmeer zu kommen. Und wenn die Flüchtlinge aus Italien, Malta, Griechenland und Zypern nicht weiterkommen, werden diese Länder mehr Unterstützung von den übrigen Mitgliedsstaaten der EU verlangen. Wir müssen uns deshalb in jedem Fall stärker auf die Außengrenzen der Europäischen Union konzentrieren und sie schützen. Solche Grenzen haben auch mal Zäune und Schlagbäume. Da kann man als Tourist, Geschäftsmann und Studentin, aber auch als Flüchtling durch. Damit das funktioniert, brauchen wir aber europaweit gemeinsame Regeln. So ist es richtig, dass hinter diesen Grenzen zum Beispiel in Griechenland und Italien Aufnahmezentren eingerichtet worden sind. Für diese sogenannten Hotspots muss geregelt sein, wer reinkommen darf und wer nicht. Und dort, wo im Augenblick die Hauptroute der Flüchtlinge ist, müssen wir uns über eine gemeinsame Verantwortung mit der Türkei, dem Libanon und Jordanien verständigen.

Welt am Sonntag: Aber die neue Situation, die sinkenden Flüchtlingszahlen, beeinflusst schon jetzt die Debatte über Großsiedlungen in Hamburg. Sie brauchen neue Begründungen für Ihre Pläne.

Olaf Scholz: Wir errichten keine Großsiedlungen. Das größte Bauprojekt, das wir in diesem Zusammenhang realisieren wollen, hat 800 Wohneinheiten. Alle anderen sind kleiner. Es gibt jetzt schon größere Flüchtlingsunterkünfte, die allerdings oft mit Containern errichtet worden sind, also nur vorübergehend bestehen. Wir haben derzeit 40 Erstaufnahmeeinrichtungen und knapp 100 Folgeunterkünfte. 8000 Plätze in der Erstaufnahme können nicht dauerhaft betrieben werden. Dabei geht es um Hallen, in denen Hunderte Menschen untergebracht sind. Dafür müssen wir Ersatz schaffen. Wir haben 5000 Flüchtlinge, die in eine Folgeunterkunft kommen müssten, weil sie bereits länger als sechs Monate in der Erstaufnahme sind. Und wir haben in den Folgeunterkünften fast 3000 "wohnberechtigte" Flüchtlinge, die in eine normale Wohnung ziehen könnten. Es gibt also an vielen Stellen Engpässe. Und es werden weiterhin Flüchtlinge zu uns kommen, für die wir Unterkünfte errichten müssen. Deshalb wollen wir auch richtige Wohnungen bauen, die später in den allgemeinen Wohnungsmarkt übergehen.

 

Welt am Sonntag: Dennoch formiert sich in der Stadt ein Widerstand gegen Ihre Flüchtlingspolitik.

Olaf Scholz: Angesichts der großen Herausforderung ist das nicht verwunderlich. Die Diskussionen in Hamburg laufen sehr ordentlich ab. Es wäre hilfreich, wenn sich alle die Perspektive der Stadt zu eigen machten. Und die lautet: Wir müssen Tausende zusätzliche und dauerhafte Unterkünfte als Ersatz für vorübergehende schaffen. Den meisten Hamburgerinnen und Hamburgern ist klar, dass eine gleichmäßige Verteilung der Flüchtlinge in der Stadt in gleichgroßen Einrichtungen nicht einfach zu erreichen ist. Wir werden diese Diskussion sehr konkret führen. Ich erhoffe mir, dass durch das von der HafenCity Universität entwickelte Stadtplanungsmodell CityScope neue Flächen für Unterkünfte identifiziert werden. Alle können sich beteiligen. Wir müssen einen Weg finden, wie wir gemeinsam genügend Unterkünfte errichten egal, was man von der Politik der Europäischen Union oder der Bundesregierung hält. Wir haben eine gesetzliche Pflicht zur Unterbringung und die müssen wir erfüllen.

Welt am Sonntag: Soll das Modell CityScope den Bürgern nicht vor allem zeigen, wie schwer Sie es haben?

Olaf Scholz: Es geht darum, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Die meisten Bürger wissen, dass wir uns das nicht leicht machen. Mit allen in das Modell einfließenden Informationen werden wir hoffentlich weitere Möglichkeiten der Unterbringung entdecken.

Welt am Sonntag: Die Opposition wirft Ihnen vor, dass das Modell nur eine Showveranstaltung ist, um Bürgerbeteiligung zu simulieren.

Olaf Scholz: Wir versprechen, dass alle Vorschläge, die bei den Workshops entstehen, geprüft werden. Und jene, die sich realisieren lassen, werden wir auch umsetzen.

Welt am Sonntag: Diskussionen sind hilfreich, um ein Problem zu lösen, insbesondere wenn es um ein derart fundamentales geht wie die Flüchtlingskrise. Das geht die Menschen in Hamburg, in Deutschland, in Europa an, es löst Emotionen aus. Ihnen wird vorgeworfen, dass Sie bei der Suche nach einer Lösung von oben herab regieren und die Nähe zu den Menschen verloren haben.

Olaf Scholz: Ach. Ich lade die Bürger regelmäßig ein: zu Stadtteilgesprächen, die es mit dem Bürgermeister so in Hamburg noch nicht gegeben hat. Der Senat, die Abgeordneten der Bürgerschaft, die Bezirke und die Verwaltung reden ausführlich mit allen Beteiligten. Ein Problem verschwindet aber nicht von allein, nur, weil man es sich so sehr wünscht. Der größte Fehler wäre, unehrlich zu sein. Manche von denen, die uns jetzt vorwerfen, wir täten zu viel des Guten, haben vor einiger Zeit noch das Gegenteil behauptet. Das ist unseriös. Wir Hamburgerinnen und Hamburger haben eine Aufgabe. Die haben wir uns nicht ausgesucht. Jetzt streben wir konstruktive Lösungen an.

 

Welt am Sonntag: Um einen drohenden Volksentscheid zu verhindern, müssen Sie sich mit der Bürgerinitiative gegen große Flüchtlingsunterkünfte einigen. Wie groß ist die Chance, dass das gelingt?

Olaf Scholz: Wenn man Gespräche führt, dann macht man das immer mit dem Ziel, eine Verständigung herbeiführen zu können. Selbst, wenn noch nicht klar ist, wie die aussehen könnte. Und natürlich brauchen wir Vorschläge, die auch funktionieren. Mich bedrückt ein bisschen, dass dem Bürgermeister oder dem Senat in manchen Diskussionen eine Macht zugesprochen wird, die wir glücklicherweise nicht haben. Wenn ich SED-Bezirkssekretär wäre, könnte ich vielleicht das tun, was sich einige vorstellen. Das bin ich aber zum Glück nicht. Ich kann, darf und will niemandem sein Grundstück oder sein Gebäude wegnehmen, weil nach irgendeiner Formel eine Unterkunft da hinkommen soll. Manche Vorschläge setzen Einflussmöglichkeiten voraus, die eine Regierung in einem demokratischen Rechtsstaat nicht hat.

Welt am Sonntag: Wenn ein Stadtstaat wie Hamburg an seine Grenzen gelangt, während Flächenländer freie Kapazitäten haben, könnten wir eine Diskussion über den Königsteiner Schlüssel führen.

Olaf Scholz: Die Verteilung der Flüchtlinge in Deutschland richtet sich nun mal nach einem Verteilschlüssel. Früher kannte den Königsteiner Schlüssel niemand, heute kennen ihn viele. Das zeigt, dass wir ein Problem haben. Leider spielen bei der Berechnung nur die Wirtschaftskraft und die Bevölkerungszahl eine Rolle, nicht die Flächen. Um das zu ändern, müssten wir einen 16:0-Kompromiss im Bundesrat erreichen. Einen solchen Erfolg haben wir dank beharrlicher Bemühungen erst vor Kurzem erzielt, indem die minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge nun gleichmäßig auf Deutschland verteilt werden. Da ist ein Einsehen möglich gewesen. Beim Königsteiner Schlüssel ist eine schnelle Änderung aber nicht zu erwarten. Wir haben immerhin erreicht, dass wir gut mit unseren Nachbarländern kooperieren und Erstaufnahmeplätze nutzen können. Das wird uns ein wenig entlasten.

Welt am Sonntag: Was halten Sie von dem Vorstoß des Bundesinnenministers Thomas de Maizière (CDU), den Druck auf Flüchtlinge in Sachen Integration zu verschärfen?

Olaf Scholz: Bei früheren Flüchtlingsbewegungen und bei der Arbeitsmigrationen in den 50er- und 60er-Jahren hat man nicht rechtzeitig an die Integration gedacht und das hat uns lange Probleme bereitet. Wir müssen für alle, die bleiben, eine Integrationsperspektive entwickeln. In Hamburg tun wir das: Wir bieten Kinderbetreuung an, setzen die Schulpflicht durch, integrieren Jugendliche in die Berufsschulen und bieten Sprachkurse an. Für diejenigen, die eine Bleibeperspektive haben, müssen wir schnell die Voraussetzungen schaffen, damit sie sich in den Arbeitsmarkt integrieren können. Das tun wir dadurch, dass wir ihre Qualifikation systematisch erfassen, damit wir passgenaue Maßnahmen anbieten können.

 

Welt am Sonntag: Herr Bürgermeister, die Bewältigung des Flüchtlingsstroms ist eine Herausforderung. In welchen Zustand befindet sich Europa?

Olaf Scholz: In Europa gibt es 28 Staaten mit unterschiedlicher Geschichte und unterschiedlichen nationalen Traditionen. Sie verbindet außer ihrer geografischen Nachbarschaft, dass sie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit repräsentieren. Und das Wissen, dass sie in einer Welt mit demnächst zehn Milliarden Bewohnern nur zusammen Einfluss auf das Geschehen und ihr eigenes Schicksal nehmen können. Dass das mit Auseinandersetzungen verbunden ist, merken wir jeden Tag. Aber wir haben uns miteinander verbunden, um über eine gemeinsame Perspektive für die Zukunft in Europa ringen zu können. Das ist nicht immer harmonisch.

Welt am Sonntag: Welche Rolle kann dabei eine Stadt wie Hamburg spielen, das selbst ernannte Tor zur Welt etwa als Austragungsort des G20-Gipfels 2017?

Olaf Scholz: Es steht in der Hamburgischen Verfassung, dass Hamburg als Welthafenstadt die ihr durch Geschichte und Lage zugewiesene Aufgabe hat, Mittlerin zwischen den Erdteilen und Völkern zu sein. Dazu passt der G20-Gipfel aber auch die OSZE-Konferenz Ende dieses Jahres. Übrigens sind wir in dieser Tradition auch eine pro-europäische Stadt. Die Bewohner der Metropolregion machen ein Prozent der EU-Bevölkerung aus. Wir wissen genau, welche Bedeutung Europa für uns hat.

Welt am Sonntag: Besitzt Hamburg tatsächlich diese Bedeutung, die die Stadt unentwegt vor sich herträgt?

Olaf Scholz: Hamburg ist eine boomende und wachsende Stadt. Hamburg ist sehr bekannt, aber nicht ganz so bekannt, wie es sich viele in der Stadt vorstellen. Deshalb hilft es, wenn wir demnächst mit Ereignissen über die Grenzen des Landes hinaus auf uns aufmerksam machen: Zum Beispiel mit dem schon erwähnten Treffen der OSZE im Dezember und dem G20-Gipfel, mit der Eröffnung der Elbphilharmonie im Januar 2017, die weltweit Beachtung finden wird, oder dem neuen Röntgen-Laser des DESY, einer weltweit einzigartigen Forschungsanlage, die Hamburg im Bereich der Strukturforschung endgültig an die Weltspitze bringen wird.

Welt am Sonntag: Im Zusammenhang mit einem G20-Gipfel tauchen aber auch stets Bilder von einer "brennenden Stadt" in den Medien auf.

Olaf Scholz: Dazu wird es nicht kommen. Es ist richtig, dass sich die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Nationen der Welt und die Vertreter internationaler Organisationen treffen. Hamburg ist der richtige Ort dafür. Ich bin überzeugt, dass die meisten Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt das gut finden.

Welt am Sonntag: Ist das derzeit die schwierigste Phase Ihrer Amtszeit als Bürgermeister?

Olaf Scholz: Dass ganz Europa, ganz Deutschland und auch Hamburg bei der Aufnahme von Flüchtlingen vor einer großen Herausforderung stehen, ist offensichtlich. Das führt überall zu Diskussionen, manchmal zu Friktionen. Alles andere wäre außergewöhnlich. Deshalb muss die Maßgabe sein, dass wir die Probleme lösen und nicht vor ihnen davonlaufen.

 

Welt am Sonntag: Es ist schwieriger, weil immer mehr Menschen eine andere Vorstellung von Unterkünften und Integration haben als Sie.

Olaf Scholz: Eine wichtige Voraussetzung für die Lösung der Probleme ist, dass wir eine gemeinsame Sicht auf diese Herausforderung entwickeln. Deshalb haben wir uns sehr früh entschlossen, alles zu benennen: Wir haben in den vergangenen drei Jahren fast 40.000 Plätze für die Unterbringung der Flüchtlinge geschaffen. Und wir werden weitere Plätze schaffen müssen, wenn die Zahl der Flüchtlinge infolge der in Europa gefundenen Verständigung nicht deutlich sinkt. Selbst wenn die Zahl der Flüchtlinge, für die Deutschland zuständig ist, zurückgeht was zu hoffen ist bleibt die Herausforderung immens. Wir sind in Sachen Bebauungspläne, die etwa zwei Jahre in Anspruch nehmen, wohl die schnellste Stadt in Deutschland. Und wir sind eine attraktive Stadt, die mit einer massiven Mobilisierung des Wohnungsbaus versucht, den zu Beginn meiner Amtszeit vorgefundenen Wohnungsmangel zu bekämpfen. Wir haben in den vergangenen drei Jahren jeweils fast 10.000 Wohnungen genehmigt. Das ist die Größenordnung, die dauerhaft notwendig ist, um der Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen auch ohne Berücksichtigung der Flüchtlinge gerecht zu werden. Und wir haben Entscheidungen getroffen, die dazu geführt haben, dass die Eingriffe in das tägliche Leben der Hamburgerinnen und Hamburger möglichst gering bleiben. Mit der Ausnahme, dass einige neue Nachbarn bekommen.

Welt am Sonntag: Welche Entscheidungen?

Olaf Scholz: Wir stellen für die Unterbringung von Flüchtlingen anders als alle anderen Bundesländer keine Turnhallen von Schulen und Sportvereinen zur Verfügung, die sich im Betrieb befinden. Weil wir genügend Erzieher und Lehrer eingestellt haben, kommt es zu keinen Beeinträchtigungen in Krippen, Kitas und Schulen. Wir haben außerdem mit einer zügigen Integration in das System der Arbeitsvermittlung begonnen. Wir können die Integration schaffen, wenn wir uns auf die konzentrieren, die eine Bleibeperspektive haben. Das bedeutet aber auch, dass diejenigen, die nicht bleiben können, das Land wieder verlassen müssen. Um das durchzusetzen, haben wir die Kapazitäten bei Gerichten und in der Innenbehörde aufgebaut. Wir haben als erstes Bundesland einen neuen Abschiebegewahrsam am Flughafen auf den Weg gebracht. Und wir haben keine neuen Schulden gemacht, obwohl wir insgesamt etwa 600 Millionen Euro in die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen aufgewendet haben.

Welt am Sonntag: Von der Flüchtlingsunterbringung zum Wohnungsbau: Soll die neue Marke von 10.000 genehmigten Wohnungen pro Jahr Ihr ursprüngliches Ziel von 6000 Wohnungen dauerhaft ablösen?

Olaf Scholz: Vor dem Hintergrund wachsender Bevölkerungszahlen in Hamburg müssen wir dieses Tempo beibehalten. Im Zusammenhang mit den Verabredungen, die wir mit der Wohnungswirtschaft treffen, hielte ich es für wünschenswert, dass man sich über die Notwendigkeit unverändert großer Anstrengungen verständigt.

Welt am Sonntag: Eine Lage, die uns noch über Jahre beschäftigen wird. Wo sehen Sie sich im Frühjahr 2020?

Olaf Scholz: Ich trete 2020 erneut als Bürgermeisterkandidat der SPD in Hamburg an.

Welt am Sonntag: Die Ambitionen im Bund, die Ihnen in regelmäßig in den Medien nachgesagt werden, sind also ein Hirngespinst?

Olaf Scholz: Ich lese das mit einem gewissen Spaß. Ich werde auch 2020 noch einmal antreten.

Welt am Sonntag: Belastet es Sie nicht, dass Ihre Partei im Bund in einem Wählertief ausharrt, aus dem sie mit dem aktuellen Führungspersonal nicht herauskommt?

Olaf Scholz: Ich bin da optimistisch. Die SPD muss sich dazu bekennen, dass sie eine Volkspartei ist. Das ist eine Entscheidung, die Ende der 50er Jahre von Helmut Schmidt, Willy Brandt, Herbert Wehner und Fritz Erler vorbereitet wurde. Sie haben die Modernisierung der SPD zu einer Partei durchgesetzt, der man das Land anvertrauen kann. Die Wahlergebnisse von damals haben sich anfangs im Übrigen nicht wesentlich von den heutigen Umfragewerten der SPD auf Bundesebene unterschieden. Es hat dann fast zehn Jahre gedauert, bis die SPD die Früchte dieser klaren inhaltlichen Entscheidung 1966 mit Bildung der ersten Großen Koalition und in der Folge mit der Kanzlerschaft von Willy Brandt geerntet hat. So muss die SPD auch heute wahrnehmbar sein: als pragmatische Partei, die in der Lage ist, den Kanzler zu stellen.

Welt am Sonntag: Aber was antworten Sie Ihrem Parteichef Sigmar Gabriel, wenn er Sie am Morgen nach der nächsten Landtagswahl anruft und bittet "Olaf, mach Du es"?

Olaf Scholz: Ich habe auch vor den letzten Landtagswahlen intern und öffentlich dafür geworben, dass wir nicht plötzlich die Pferde wechseln.

 

Das Interview führten Jana Werner und Jörn Lauterbach.