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29.03.2012

Zukunft der Städte Elektromobilität als Chance

Zukunft der Städte Elektromobilität als Chance

 

Meine Damen und Herren,

 

wir sind Städter. Drei von vier Deutschen leben in großen, mittleren und kleinen Städten. Und es werden immer mehr, denn während die Bevölkerung in Deutschland insgesamt eher abnimmt, steigt sie in den prosperierenden deutschen Metropolen wieder an.

 

Das ist einer der vielen Widersprüche des demografischen Wandels. Stadtplaner sprechen von Re-Urbanisierung, also einer Bewegung zurück in die Städte, vor allem die Innenstädte. Die bieten Lebensqualität, hohen Freizeitwert und gute Erreichbarkeit. Hamburg ist eine große Stadt und will noch viel mehr Interessierten das attraktive Angebot machen, Hamburger zu werden.

 

Das stellt neue Herausforderungen nicht zuletzt an die Stadt- und Verkehrsplanung, denn die Ansprüche der Stadtgesellschaft an die Mobilität durchlaufen einen tiefgreifenden Wandel. Mobilität ja, möglicherweise sogar noch mehr Mobilität; mit dem Auto ja, aber nicht mehr immer und ausschließlich mit dem eigenen Fahrzeug.

 

Zudem kommt die Frage auf, wie wir unsere Städte planmäßig so umbauen, dass Verkehr vermieden werden kann oder zumindest klimaverträglicher wird.

 

Auf diese Herausforderungen können wir reagieren, indem wir technologischen Fortschritt nutzen. Die Entwicklung neuer Antriebssysteme, Verkehrsträger übergreifende Angebote und IT-Lösungen eröffnen vielfältige Perspektiven, um urbane Mobilitätskonzepte effizienter zu gestalten, umweltverträglicher und letztlich wirtschaftlicher.

 

In diesem Zusammenhang wird die Elektromobilität, das ist meine feste Überzeugung, eine bedeutende Rolle spielen. Denn sie bedient die Nachfrage nach neuen Mobilitätsangeboten. Sie bietet Chancen für inländische und lokale Wertschöpfung. Ja, sie eröffnet sogar neue Optionen in der Energieversorgung, wenn die Elektrofahrzeuge konsequent mit einbezogen werden: bei der Nutzung erneuerbarer Energien oder beim Lastmanagement unserer Stromnetze.

 

Deshalb unterstützt Hamburg die Bundesregierung in ihrem Ziel, Deutschland zum Leitmarkt und Leitanbieter für Elektromobilität zu machen.

 

Historisch kehren wir mit der Elektromobilität zum Ursprung des Autos zurück. Der Elektromotor wurde viele Jahre vor dem Verbrennungsmotor erfunden. Die ersten Autos waren Elektroautos. Eines der allerersten, der Flocken Elektrowagen, wurde in Deutschland gebaut.

 

Um 1900 war man sogar fest davon überzeugt, dass die glatte Asphaltfläche der großen Städte so poetisch formulierte man es dass sie den Elektrofahrzeugen gehören werde. Zwar haben sich die Motorwagenbauer, wie sie sich damals nannten, geirrt, aber nur um 100 Jahre. Denn vieles spricht dafür, dass Elektromobilität einen grundlegenden Beitrag zur Zukunft unserer Städte leisten wird.

 

Dass die Bahn und der schienengebundene ÖPNV mit Strom fahren, ist nichts Neues und nichts Besonderes. Die meisten von Ihnen sind heute Abend also schon elektromobil in die Landesvertretung gekommen. Die E-Mobilität auch im Straßenverkehr fest zu etablieren, das ist  unsere gemeinsame Zukunftsaufgabe. Und diese Zukunft hat in Hamburg schon begonnen.

 

Meine Damen und Herren,

Deutschland hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2020 den CO2-Ausstoß um 40 Prozent zu senken. Hamburg hilft tatkräftig, mit vielfältigen Maßnahmen im Umwelt- und Klimaschutz. Das, unter anderem, ist von der EU-Kommission bereits mit unserer Auszeichnung als Europäische Umwelthauptstadt 2011 honoriert worden.

 

Als Modellregion Elektromobilität hat unsere Stadt mit Unterstützung der Bundesregierung in den Jahren 2009 bis 2011 ein ausgeprägtes Know-how und die größte E-Flotte in Deutschland aufbauen können. Auf unseren Straßen sind mit 350 PKW mehr als ein Viertel der Elektrofahrzeuge aller acht deutschen Modellregionen unterwegs.

 

Unsere Behörden, Landesbetriebe und städtischen Unternehmen gehen mit gutem Beispiel voran. Schon heute sind allein bei kommunalen Trägern in Hamburg und der Metropolregion 60 Elektrofahrzeuge im Einsatz.  Somit fahren immerhin schon 17 Prozent der eingesetzten Fahrzeuge im kommunalen Sektor. Unsere fünf batterieelektrischen Busse haben inzwischen mehrere 100.000 Kilometer zurückgelegt. 

 

200 Ladeplätze mit Stromsäulen versorgen die Elektrofahrzeuge schnell und zuverlässig mit Strom. Die Hälfte dieser E-Tankstellen befindet sich im öffentlichen Raum. Sie sind so positioniert, dass jeder sie problemlos nutzen kann an Bahnhöfen, auf städtischen Parkzonen, auf Park & Ride-Plätzen und in Parkhäusern. Die andere Hälfte befindet sich auf den Betriebsgeländen von Unternehmen. Denn dort sind derzeit die meisten E-Fahrzeuge in Betrieb.

 

Der Strom, mit dem die Elektrofahrzeuge an öffentlichen Ladesäulen versorgt werden, ist grüner Strom und wir haben an seine Herkunft hohe Anforderungen gestellt. Der Zugang zu diesen öffentlich zugänglichen Ladestationen ist diskriminierungsfrei, für die Nutzer und die Stromanbieter. Jeder Stromanbieter am Markt kann seine Kunden mit Ladestrom beliefern, wenn der Strom  nachweislich den strengen Grünstrom-Vorgaben entspricht und wenn mit den Eigentümern der Ladesäulen eine entsprechende Nutzungsvereinbarung besteht.

 

Praxistaugliche Steuerungsinstrumente zu entwickeln, ist eines der Hauptanliegen unserer Bewerbung als Schaufenster Elektromobilität. Wir wollen zeigen, dass die Elektromobilität weithin sichtbar und messbar helfen kann, innerstädtische Verkehrsfragen zu lösen. Und dass sie sich dabei in Energiespar- und Klimaschutzkonzepte integrieren lässt.

 

Hierbei wollen wir tragfähige Geschäftsmodelle entwickeln. Hamburg nutzt seine Wirtschaftsstärke, um die Nachfrage nach innovativer Technologie gezielt zu stimulieren. Unser Beitrag zum Erreichen der Ziele der Bundesregierung ist damit zugleich auch ein zutiefst industriepolitischer. Denn Elektromobilität findet auf der Nutzer- und Anwenderebene systematisch Eingang in alle standortbezogenen Industriecluster Luftfahrt, maritime Wirtschaft, Logistik, Erneuerbare Energienbranche. Wir setzen klare Schwerpunkte bei Flotten im Wirtschaftsverkehr, insbesondere auch bei allen wichtigen Hamburger Industriepartnern. Dem Industrieverband Hamburg kommt eine wichtige Multiplikatoren- und Koordinatoren-Rolle zu.

 

Am Ende dieses Jahres wollen wir in Fortführung unseres Modellregion-Konzepts bereits 1000 Elektrofahrzeuge im Einsatz haben. Im Falle eines Schaufensters Elektromobilität  könnten es bis Ende 2015 sogar 15.000 Elektrofahrzeuge und Plug-In-Hybride sein. Hierzu haben wir bereits mit den Automobilpartnern erste Zielvereinbarungen getroffen. Damit würde Hamburg zu einer der dichtesten und nachfragestärksten Regionen der Elektromobilität in Europa.

 

Man könnte auch sagen: Wir sind der frühe Markt für E-Mobilität. Basis hierfür ist ein aktives Netzwerk von Partnern aus der Wirtschaft und der Wissenschaft, denen ich an dieser Stelle ausdrücklich danken möchte.

 

Meine Damen und Herren,

im Wettbewerb der Regionen  weist Hamburg vor allem drei Merkmale auf:

ein überdurchschnittliches Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum;

eine, wie schon erwähnt, wachsende Einwohnerzahl. In den vergangenen Jahren hat Hamburg jährlich etwa 8.000 Einwohner hinzu gewonnen und der Trend hält an;

eine hohe Attraktivität für internationale Besucher und Geschäftspartner. Das zeigt sich auch an der steigenden Zahl von Übernachtungen. Im vergangen Jahr näherte sich die Zahl den zehn Millionen, das Plus betrug fast 6,5 Prozent.

Um diese positive Entwicklung zu sichern, sind Innovationskraft und Lebensqualität elementare Voraussetzungen. Lassen Sie mich deshalb noch etwas mehr zu Hamburgs strategischer Ausrichtung bei der Elektromobilität sagen.

 

Wir sehen die Elektromobilität als integralen Bestandteil von Hamburgs neuem Verständnis als Stadt der Zukunft. Alltagstaugliche und für eine breite Öffentlichkeit nutzbare E-Mobile sind für uns ein wesentlicher Baustein.

 

Unser umfangreiches Wohnungsbauprogramm 6.000 Wohnungen pro Jahr und die Modernisierung zahlreicher Stadtquartiere bieten gute Voraussetzungen, die private Elektromobilität von vornherein in die Planungen mit einzubeziehen. Das entspricht der Schaufenster-Philosophie der Sichtbarkeit und Kompaktheit und integriert stadtplanerische Aspekte.

 

Zudem planen wir eine stärkere Verknüpfung unseres schon heute sehr guten ÖPNV-Angebots mit einer flexiblen Nutzung von PKW immer häufiger auch von Elektrofahrzeugen. Solch intermodale Konzepte sind wichtige Instrumente der Stadt- und Verkehrsplanung von morgen.

 

Nur wenn es uns gelingt, eine intelligente Verknüpfung der unterschiedlichen Verkehrsträger zu erreichen, die auch dem veränderten Mobilitätsverhalten ihrer Nutzer und Fahrgäste Rechnung trägt, schaffen wir tragfähige Verkehrskonzepte für die Zukunft unserer Städte. Emissionsarme Elektroantriebe können dazu beitragen, diese Entwicklung deutlich zu forcieren.

 

Der Hamburger Senat hat beschlossen, spätestens ab 2020 nur noch emissionsfreie Busse zu beschaffen. Diesen Weg werden wir konsequent verfolgen nach unserem Kenntnisstand sind wir europaweit die einzige Stadt mit einer so klaren Vorgabe.

Wir sehen E-Mobilität als Treiber für intelligente Energiekonzepte in der Verbindung von Wohnen und Mobilität. Das Fahrzeug als Energiespeicher, konzeptionell eingebunden in die Gebäude- Energieversorgung, ist keine Utopie mehr, sondern wird in ersten Pilotprojekten erprobt.

 

Zugleich machen wir uns jetzt auf den Weg mit Wohnungsbaugesellschaften und Stadtplanern, um Carsharing-Modelle und quartiersbezogene Fahrzeugpools zu erproben, bei denen der Gedanke Nutzen statt Besitzen im Vordergrund steht. Elektromobilität kann so einen wesentlichen Beitrag leisten, um einen Paradigmenwechsel im Umgang mit dem PKW einzuläuten.

 

Als wichtiges Wirtschafts- und Logistik-Drehkreuz im Norden Europas ist Hamburg zunehmend auch von den nachteiligen Wirkungen des Verkehrs betroffen. Unser Ziel ist, den wachsenden Wirtschaftsverkehr mit den Vorgaben der EU für Luftqualität sowie Klima- und Lärmschutz in Einklang zu bringen.

Ein ebenso großes Potenzial für den Einsatz der Elektromobilität liegt bei kleineren und mittleren Unternehmen im Handel, Handwerk und im Dienstleistungssektor. Elektromobilität flächendeckend an die Wirtschaftsunternehmen heranzutragen, bedeutet insbesondere, den Mittelstand auf den Weg mitzunehmen und an den Vorteilen partizipieren zu lassen.

 

Auch der Hamburger Hafen liefert vielfältige Ansatzpunkte. Um nur ein Beispiel zu nennen,  testen wir im Rahmen eines Pilotprojekts zwei fahrerlose, batteriebetriebene Containertransport-fahrzeuge, um so den Weg zu umweltschonender Mobilität im Seehafen vorzubereiten.  Eine großflächige Umstellung der Hafen-Binnenverkehre auf Elektrofahrzeuge ist verabredet. Dazu reichen die heute verfügbaren Fahrzeugklassen bereits aus, auch wenn wir für die Zukunft gern größere Fahrzeuge hätten.

Wir sehen Elektromobilität technologieoffen. Neben der Erprobung von batteriegetriebenen Elektromobilen ist auch eine Vielzahl von 

Wasserstoff- und Brennstoffzellenprojekten in der Planung oder wird schon in die Tat umgesetzt. 

 

Wasserstoff- bzw. Brennstoffzellen-Technologie und Elektromobilität mit Batteriefahrzeugen sind aus unserer Sicht zwei Seiten einer Medaille. So sammelt die Hamburger Hochbahn seit vielen Jahren umfassende Erfahrungen mit Brennstoffzellen-Hybridbussen. Auch das ist eine Variante des elektromobilen Straßenverkehrs.

 

Wasserstoff kann eine Antwort auf die Frage geben, wie wir Leistungsspitzen der Windstromerzeugung nutzbar machen können. Wenn in Zukunft diese Leistungsspitzen in Form von Wasserstoff gespeichert werden, können wir in noch breiterem Umfang regenerativ erzeugte Energieträger im Straßenverkehr einsetzen. Oder auf dem Wasser, denn ein Alsterschiff mit Brennstoffzellen-Antrieb haben wir auch. So können die Wasserstoff-Anwendungen, die wir heute erproben, zu einem Baustein der notwendigen Energiewende werden.

 

Unsere strategische Gesamtausrichtung wird auch von unseren Partnern in der Industrie honoriert. Dass sich - um ein aktuelles Beispiel zu nennen - Siemens für Hamburg als Sitz seines Hauptquartiers für Windenergie entschieden hat, zeigt das Vertrauen in diese Stadt und ihr Umfeld. 

 

Meine Damen und Herren,

das technologische Know-How unserer Partner trägt maßgeblich dazu bei, dass wir vor Ort konsequente Weiterentwicklungen realisieren können. Sie werden künftig dazu führen, dass Fahrzeuge schneller, intelligenter und noch  einfacher aufgeladen werden können. So werden wir in ersten Pilotprojekten auch die Technologien von morgen, wie etwa das berührungslose, induktive Laden eines Fahrzeuges erproben.

 

Apropos Schaufenster: Konkrete Planungen für 77 Projekte und Programme dokumentieren, wie breit angelegt Hamburgs Ausbaustrategie für die Elektromobilität ist. Wir konzentrieren uns dabei auf sechs Handlungsfelder:

den Hafen, den Wirtschaftsverkehr, den kommunalen Verkehr, den Öffentlichen Verkehr, die private E-Mobilität und die Ladeinfrastruktur. Hierbei  kooperieren  wir mit mehr als 100 Projektpartnern. Das finanzielle Volumen des Projekts beträgt insgesamt 163 Millionen Euro.

 

Der Senat hat entschieden, Mittel aus dem Landeshaushalt in Höhe 10,4 Millionen Euro für den Ausbau dieser Strategie als Komplementärfinanzierung bereitzustellen. Außerdem haben wir per Senatsbeschluss alle Behörden verpflichtet, zu prüfen, wie sie den Ausbau der Elektromobilität in ihrem Zuständigkeitsbereich aktiv unterstützen können. 

 

Meine Damen und Herren,

die bereits erwähnte Zielzahl von 15.000 Elektrofahrzeugen in Hamburg bis Ende 2015 entspricht einer Relation von einem Elektrofahrzeug auf rund 150 Einwohner und wäre die höchste Dichte in Deutschland. Um die Fahrzeuge mit Strom zu versorgen, wollen wir öffentlich zugängliche Ladeplätze installieren - an jeder dritten U- Bahnhaltestelle im Stadtgebiet. Hierdurch wird deutlich: Mit Quantitäten schaffen wir in Hamburg zugleich auch Qualitäten, um Elektromobile aus der Entwicklungsstufe herauszubringen, in dem sie sich bislang befinden. 

 

Meine Damen und Herren,

der Hamburger Hafen, der zweitgrößte Europas, wird vielfach als Deutschlands Tor zur Welt bezeichnet. Das kommt nicht von ungefähr. Dahinter stecken Innovationskraft, technologische Kompetenz, die Fähigkeit zur Kooperation und der Mut zu Entscheidungen.

 

Lassen Sie uns den Hafen als Sinnbild für ein koordiniertes Vorgehen in unserem Land beim weiteren Ausbau der Elektromobilität nehmen: mit ökonomischem Sachverstand, technologisch kompetent, kooperativ, nachfrageorientiert und massentauglich. Das Schaufensterkonzept der Bundesregierung bietet große Chancen, dass wir Elektromobilität für die Öffentlichkeit erfahrbar machen, Vertrauen und Akzeptanz herstellen.

Die Zukunft unserer Städte ist ohne Elektromobilität kaum vorstellbar. 

 

Vielen Dank!


 

Es gilt das gesprochene Wort.